Haftstrafen für türkische Linke

OLG Düsseldorf verurteilt drei mutmaßliche Funktionäre der DHKP-C

Junge Welt, 18.12.2010 - Von Annette Hauschild, Düsseldorf

Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung innerhalb der linksradikalen türkischen Organisation DHKP-C auf der Grundlage von Paragraph 129b StGB sind am Donnerstag in Düsseldorf eine Frau und zwei Männer zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Nurhan E. bekam als »Rädelsführerin« sieben Jahre und neun Monate Gefängnis, Cengiz O. und Ahmet I. wurden zu fünfeinhalb bzw. drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Anklage hatte für Nurhan E. zehn Jahre gefordert, die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.

Die drei sollen als hohe Führungskader der sogenannten Rückfront der DHKP-C in Europa über den Verein »Anatolische Föderation e.V.« als Tarnorganisation Geld für die Guerilla gesammelt, Kuriere ausgebildet, Propaganda für die Guerilla betrieben sowie Kämpfer und Mitglieder rekrutiert haben. Nurhan E. soll auch Waffen geschmuggelt haben.

Fast ein Jahr dauerte der Prozeß vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Jahrelang waren die Beschuldigten von Polizei, Verfassungsschutz und auch vom Bundesnachrichtendienst observiert und abgehört worden. Die Anklage stützte sich auf einen Hauptbelastungszeugen, der als V-Mann für den BND und möglicherweise auch für den türkischen Geheimdienst MIT arbeitete und selbst demnächst vor dem gleichen Gericht steht, außerdem auf umfangreiches Material aus Haussuchungen und Überwachungen. In den Niederlanden waren Dateien im Umfang von 1,2 Terabite gefunden worden, die die Bundesanwaltschaft als »Archiv« der DHKP-C wertet. Nurhan E soll Deutschland-Verantwortliche der DHKP-C gewesen sein, Cengiz O und Ahmet I. Verantwortliche für jeweils ein Gebiet. Der Vorsitzende Richter, Ottmar Breidling, sah es als gegeben an, daß die drei wußten, daß die von ihnen gesammelten Gelder und andere Unterstützungsmaßnahmen würden der Guerilla zugutekommen. Die DHKP-C führt einen bewaffneten Kampf zum Umsturz des türkischen Staates. Breidling verlas eine lange Liste von Anschlägen in der Türkei auf Soldaten, Polizisten, Einrichtungen und Angehörige der Sonderjustiz, Banken und Parteibüros, zu denen die Organisation sich bekannt hatte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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