Am Donnerstag, den 15. Juli wurde nach 168 Verhandlungstagen und nach einer Prozess-Dauer von 2 1/2 Jahren, das Urteil gegen Devrim und Ahmet gefällt. Der Senat setzte das Urteil für Devrim auf 4 Jahre und 10 Monate (seine Bewährungsstrafe inbegriffen) fest und für Ahmet auf 5 Jahre und 4 Monate. Beide sind weiterhin in Haft und droht die Abschiebung. (Achtet auf Ankündigungen)
In seiner Begründung stützte der Senat sich auf die Aussagen von Hüseyin Hiram, dem psychisch kranken Doppelagenten, und auf die Aussagen von Serdar Bayraktutan, dem Leiter der Abteilung DHKP-C der Istanbuler Polizei, gegen den in der Türkei wegen mehrerer Foltervorwürfe Ermittlungen laufen. Weiter begründete er die Notwendigkeit der Strafe mit den Lebensläufen der beiden Angeklagten, die trotz diverser Anklagen nicht damit aufhörten politisch aktiv zu sein.
Gleichzeitig bezeichnete der Senat in seiner Begründung sowohl die Anatolische Föderation, als auch verschiedene anatolische Vereine mehrmals als "Tarnvereine und Tarnorganisationen der DHKP-C" und bezeichnete die legal hier erscheinenden Zeitungen als "Parteizeitungen", was auf nichts anderes abzielt als auf die Kriminalisierung jeglicher Betätigung von politisch aktiven MigrantInnen.
Der Senat endete mit den Worten: "Ich hoffe, dass Sie sich besinnen."
Das Urteil war - wie nicht anders zu erwarten - nur ein Spiegelbild des ganzen Prozesses, in dem die Verurteilung von Anfang an feststand und damit ein weitere Manifestation der Klassenjustiz ist.
Interview zur Urteilsverkündung
Das Interview wurde am 03. August 2010 bei Radio Flora im Rahmen der Sendung "Wieviel sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen!" gesendet.
Interview [mp3]
(die Datei ist knapp 10 MB groß)
Presse:
Freitag, 16. Juli | junge Welt | Nick Brauns
129-b-Verfahren: Verurteilung von mutmaßlichen DHKP-C-Mitgliedern in Stuttgart-Stammheim. Auch Befreiungsbewegungen wie die Tamil Tigers aus Sri Lanka im Visier
Terrorparagraf gegen legale politische Arbeit
In Stuttgart-Stammheim geht der Prozess gegen zwei mutmaßliche Mitglieder der verbotenen DHKP-C zu Ende
Von Carsten Ondreka, Neues Deutschland vom 14. Juli 2010
* Gefangenenadressen
* Vernehmung von Antiterror Einheiten
* Presseerklärung von Pro Asyl
* taz-Artikel
* Prozessberichte
In der Verhandlung am 8. Juli hat Ahmet seine Erklärung beendet. Er ging in seiner Erklärung auf verschiedene historische Aspekte der türkischen/osmanischen Geschichte ein - unter anderem auf die Ursprünge des Konfliktes um Kurdistan, wie auch auf den Genozid an den Armeniern -, thematisierte die Folter in der Türkei, ging auf die Ergenekon
Anklage und die Ursprünge ein und zerlegte Stück für Stück die Anklageschrift. Aus seiner Argumentation solle der Senat ein gerechtes Urteil fällen - was seine Entlassung bedeuten würde.
Wir bemühen uns die Erklärung zeitnahe zu veröffentlichen.
Nach Beendigung der Erklärung ist nächsten Donnerstag der letzte Prozesstag. Dort wird das Urteil gefällt.
Zeigt euch solidarisch und kommt zum Prozess!
Donnerstag, 15. Juli 2010 | 9.30 Uhr
OLG Stuttgart-Stammheim
Asperger Str. 49, 70439 Stuttgart-Stammheim
Interview zur Delegation am 06. Juli
(geführt am 06.07. für Radio Flora (Hannover)) [MP3, 10 MB]
Zwischen 60 und 70 Personen beteiligten sich am 6. Juli an der Delegation zum Stammheimer Prozess, darunter Personen aus Berlin, Düsseldorf, Freiburg, Magdeburg, München, Paris und Stuttgart.
In der Mittagspause gab es eine Kundgebung, bei der kurze Reden gehalten wurden.
Im Prozess selbst hielten die Verteidiger ihre Plädoyers und Ahmet D. Yüksel begann seine Erklärung zu verlesen, in der er auf die zahlreichen Widersprüche im Verfahren, aber auch auf die Widersprüchlichkeit des §129b einging.
Rede der Stuttgarter Plattform >>
Rede des Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen >>
Grußwort des Gefangenen Thomas Meyer-Falk >>
Grußwort der Roten Hilfe International >>
Grußwort der GenossInnen für den Aufbau einer Roten Hilfe in Italien >>
Zu den Bilder und zu den Reden >>
Die Bundesanwaltschaft plädierte am 1.7. im Gerichtssaal in Stuttgart-Stammheim. In der epischen Länge von 6 Stunden, reiner Redezeit, forderte die BAW 4 1/2 Jahren für Devrim, wobei hierzu eine ausstehende Strafe auf Bewährung addiert werden soll, was eine Gesamtstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten ausmachen soll, und für Ahmet eine Strafe von 6 Jahren und 6 Monaten.
Nach über zwei Jahren Prozess endet Anfang Juli vor dem Gericht in Stuttgart-Stammheim der "Anti-Terror-Prozess", der mit Hilfe des 2002 geschaffenen §129b geführt wird und sich gegen die marxistisch-leninistische DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) wendet. Am 6. Juli wird in Stuttgart-Stammheim eine Delegation stattfinden, um den Gefangenen Gehör zu verschaffen, sie nicht alleine zu lassen und uns solidarisch zu zeigen. An diesem Tag wird einer der Gefangenen, Ahmet D. Yüksel, seine Schlusserklärung verlesen.
Ahmet Düzgün Yüksel hat uns in einem Brief mitgeteilt, dass der Prozess spätestens im Juli enden wird. Am 15. Juli wird die Beweisaufnahme geschlossen, am 22. Juli plädiert die BAW, danach die Verteidigung. Der genaue Termin der Urteilsverkündung steht noch nicht fest. Ahmet schrieb: "Ich möchte gerne, dass alle solidarische Menschen kommen, wenn ich meine letzten Worte verkünde."
Wann die Urteilsverkündung sein wird entscheidet sich in den nächsten Tagen. Die aktuellen Prozesstermine findet ihr unter Termine.
Devrim Güler JVA Stuttgart-Stammheim Asperger Str. 60 70439 Stuttgart |
Ahmet Düzgün Yüksel JVA Stuttgart-Stammheim Asperger Str. 60 70439 Stuttgart |
Der Chef der Istanbuler Antiterror-Abteilung Serdar Bayraktutan wurde vor dem OLG Stuttgart als Zeuge vernommen. (siehe PM von Pro Asyl) Das Gericht wird nun noch diese Woche entscheiden ob seine Aussagen in das Verfahren eingeführt werden dürfen.
Zum Hintergrund: Serdar Bayraktutan wurde bereits letztes Jahr von der Bundesanwaltschaft als Zeuge vorgeladen. Damals konnte sein Verhör durch die Proteste der Verteidigung verhindert werden, da Bayraktutan in der Türkei mehrere Verfahren wegen Foltervorwürfen ansässig hat.
Zusätzlich zu dieser Entscheidung wird es auch darum gehen ob nicht nur Bayraktutans Aussagen als Beweise gelten, sondern auch ob die Aussagen von Gefangenen in der Türkei, von denen nicht auszuschließen ist dass sie unter Folter erwirkt wurden, als Rechtsmittel gebtraucht werden können.
Diese Entscheidungen werden ebenfalls für die Prozesse in Düsseldorf gegen Faruk Ereren und den im März ebenfalls beginnenden Prozess gegen Cengiz Oban, Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu und alle weiteren §129b Prozesse relevant sein. Denn wenn in Stammheim die Einführung von Zeugenaussagen aus Ländern die der Folter bezichtigt werden als gültige Beweismittel bestätigt werden, wird die Einführung solcher Aussagen für alle weiteren §129b Prozesse ebenfalls möglich und als Beweise gültig sein.
Je nach Entscheidung des Gerichtes soll Bayraktutan schon bald wieder als Zeuge vor dem OLG Stuttgart vernommen werden.
Presseerklärung von Pro Asyl
Pro Asyl hat anlässlich der Vernhmung des Folterers Serdar Bayraktutan eine Presseerklärung verfasst die wir im folgenden dokumentieren.
taz-Artikel zur Vernehmung von Serdar Bayraktutan >>
Nach über zwei Jahren Prozess läuft das Verfahren in Stuttgart-Stammheim noch immer. Zwar neigt sich das Verfahren langsam dem Ende zu, doch ein genaues Ende ist noch nicht bestimmbar.
01. Februar 2010: Prozessbericht
Heute wurden Telefongespräche aus Polizeilichen Überwachungsmaßnahmen vorgespielt. Dabei wurde auch geprüft ob die deutsche Übersetzung mit der original türkischen Version übereinstimmt. Diese Beweisaufnahme dauerte bis ca. 15:45 Uhr an.