Montag, 01. Februar 2010: Prozessbericht

Heute seit langer Zeit wieder ein erster Bericht aus dem §$129b Prozess in Stuttgart Stammheim. Wir entschuldigen die lange Zeit der Versäumnis und werden jetzt, wie anfänglich gewohnt, versuchen wieder regelmäßig aus dem Gerichtssal zu berichten und den Prozessverlauf zu dokumentieren.

Aktueller Stand:

Der Chef der Istanbuler Antiterror-Abteilung Serdar Bayraktutan wurde vor dem OLG Stuttgart als Zeuge vernommen. (siehe PM von Pro Asyl) Das Gericht wird nun noch diese Woche entscheiden ob seine Aussagen in das Verfahren eingeführt werden dürfen.

Zum Hintergrund: Serdar Bayraktutan wurde bereits letztes Jahr von der Bundesanwaltschaft als Zeuge vorgeladen. Damals konnte sein Verhör durch die Proteste der Verteidigung verhindert werden, da Bayraktutan in der Türkei mehrere Verfahren wegen Foltervorwürfen ansässig hat.

Zusätzlich zu dieser Entscheidung wird es auch darum gehen ob nicht nur Bayraktutans Aussagen als Beweise gelten, sondern auch ob die Aussagen von Gefangenen in der Türkei, von denen nicht auszuschließen ist dass sie unter Folter erwirkt wurden, als Rechtsmittel gebtraucht werden können.

Diese Entscheidungen werden ebenfalls für die Prozesse in Düsseldorf gegen Faruk Ereren und den im März ebenfalls beginnenden Prozess gegen Cengiz Oban, Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu und alle weiteren §129b Prozesse relevant sein. Denn wenn in Stammheim die Einführung von Zeugenaussagen aus Ländern die der Folter bezichtigt werden als gültige Beweismittel bestätigt werden, wird die Einführung solcher Aussagen für alle weiteren §129b Prozesse ebenfalls möglich und als Beweise gültig sein.

Je nach Entscheidung des Gerichtes soll Bayraktutan schon bald wieder als Zeuge vor dem OLG Stuttgart vernommen werden.

Bericht vom 01. Februar: Beginn 9:30 Uhr

Heute wurden Telefongespräche aus Polizeilichen Überwachungsmaßnahmen vorgespielt. Dabei wurde auch geprüft ob die deutsche Übersetzung mit der original türkischen Version übereinstimmt. Diese Beweisaufnahme dauerte bis ca. 15:45 Uhr an.

Die Telefongespräche waren alle in dem Zeitraum zwischen August 2002 und September 2002 aufgezeichnet worden. Also kurze Zeit vor dem angeblich stattgefundenen Waffenschmuggel. Die Fragen der Verteidigung bezogen sich vorallem darauf, ob man aus den Gesprächen Rückschlüsse auf die Stellung der sprechenden Personen ziehen könne (Befiehlt Person a Person b, gibt Person a der Person b Anweisungen, oder andersrum oder gibt im Gespräch niemand dem anderen irgendwelche Direktiven), und ob es noch andere Bedeutungen der von den Sprechenden Personen benutzten Wörter gäbe.

Aus den Inhalten der Gespräche war nicht wirklich ersichtlich aus welchem Grund sie relevant für das Verfahren sein sollten. So wurde zum Beispiel darüber gesprochen ob eine Person mit anderen gesprochen hätte, ob Personen andere abgeholt hätten, oder ob eine Person doch bitte Fladenbrot und Pidebrot von einem Bäcker abholen könne. Es ging dabei zwar auch merhmals um Autos und um ausgemachte Treffen, doch um RA Oberwinter zu zitieren (sinngemäß) : "Wenn das die Kernbeweise dieses Verfahrens darstellen sollen, und diese Aufzeichnungen der Grund sind warum die zwei Angeklagten seit fast drei Jahren in Haft sind, dann wirft das schon Grund zur Besorgnis auf."

Am Ende des heutigen Prozesstages wollte Ahmet D. Yüksel den dritten Teil seiner Prozesserklärung und gleichzeitig Antrages auf Haftentlassung verlesen. Dies wurde jedoch auf den morgigen Tag verschoben, da die Erklärung nicht allen per Kopie vorlag.

Ende Prozesstag ca. 16:30 Uhr

weitere Prozesstermine:

Dienstag, 02.02.2010, 9:30 Uhr (eine Stunde nach hinten verlegt) Montag, 08.02.2010, 9:30 Uhr
Dienstag, 09.02.2010, 8:30 Uhr
Montag, 15.02.2010, 9:30 Uhr
Dienstag, 16.02.2010, 8:30 Uhr
Montag, 22.02.2010, 9:30 Uhr
Dienstag, 23.02.2010, 8:30 Uhr

Der Senat datierte den weiteren Prozessverlauf zunächst bis Anfang September 2010. Ab dem 01.06.2010 werden die Prozesse Dienstags und Donnerstags stattfinden. Die Freitagstermine fallen dann ganz weg.

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