Prozess gegen linke Migranten

Carsten Ondreka, Neues Deutschland 12.3.2010

Einem mutmaßlichen DHKP-C-Mitglied droht Auslieferung an die Türkei

In Düsseldorf hat ein weiterer Prozess gegen mutmaßliche Funktionäre der DHKP-C begonnen. Mit einem Appell wenden sich zahlreiche Linke gegen die drohende Auslieferung des Gefangenen Faruk Ereren.

Im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) begann am Donnerstag der Prozess gegen drei türkische Staatsbürger, denen die Mitgliedschaft in der »Revolutionären Volksbefreiungsfront« (DHKP-C) nach Paragraf 129b StGB vorgeworfen wird. Außerdem werden ihnen Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz zur Last gelegt. Sie sollen Spenden für Personen und Organisationen gesammelt haben, die auf der umstrittenen, auf Geheimdienstinformationen beruhenden EU-Terrorliste stehen.

Rechtsanwältin Britta Eder befürchtet, »dass hier ein neues Mittel der Kriminalisierung unliebsamer politisch aktiver Menschen erprobt werden soll, das kaum mehr einer juristischen Kontrolle unterliegt«. Die Verteidigung beantragte, das Verfahren einzustellen oder wenigstens auszusetzen, bis sich der Europäische Gerichtshof im Mai mit dem Fall befasst hat. Das OLG hatte das Gericht mit Sitz in Luxemburg angerufen, um für das Verfahren wichtige Rechtsfragen zu klären.

Vor dem zweiten Strafsenat desselben Gerichts findet seit Anfang 2009 ein Prozess gegen Faruk Ereren statt. Ihm wird ebenfalls die Mitgliedschaft in der DHKP-C vorgeworfen. Trotz dünner Beweislage wollen die Richter des OLG die Bedingungen für eine Auslieferung von Faruk Ereren in die Türkei gewährleisten.

Den linken Migranten erwartet in der Türkei Repression, erneute Haft und Folter. Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der LINKEN, Ulla Jelpke forderte deshalb in einem Brief vom Februar die nordrhein-westfälische Justizministerin Müller-Piepenkötter auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Auslieferung von Faruk Ereren zu verhindern. Ein von über 50 Personen unterzeichneter Aufruf richtet sich gegen die drohende Abschiebung. Die Autoren erläutern, dass die angestrebte Auslieferung eine neue Dimension im Umgang mit türkischen Oppositionellen bedeutet: »Es gibt sehr viele Urteile gegen türkische politische Aktivisten, deren Auslieferung in die Türkei stets mit der Begründung abgelehnt wurde, dass es für sie die Aussetzung unter systematische Folter in türkischen Gefängnissen bedeuten würde.« Der Appell wird von zahlreichen Mitgliedern der LINKEN in Nordrhein-Westfalen unterstützt, aber auch der Bundesvorstand der Rote Hilfe sowie der Vorstand der Anatolischen Föderation gehören zu den Unterzeichnern.

Um sich selbst ein Bild von der Situation und dem Menschen Faruk Ereren zu machen, besuchte am Donnerstag die Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Sevim Dagdelen, den Gefangenen in der JVA Düsseldorf. Ereren ließ über sie seinen Dank an die solidarische Unterstützung übermitteln. Diese gebe ihm viel Kraft. Sevim Dagdelen sagte gegenüber ND, dass sie den Fall »Faruk Ereren« durch eine kleine Anfrage in den Bundestag bringen will.

Carsten Ondreka