Bericht vom 18. März 2010 / 2. Prozesstag:

Am 18.3. wurde der Prozess gegen Nurhan Erdem, Ahmet Istanbullu und Cengiz Oban wegen dem Vorwurf des Verstoßes gegen § 34 (Außenwirtschaftsgesetz) im Zusammenhang mit einer Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front) vor dem OLG Düsseldorf fortgesetzt. Die DHKP-C kämpft in der Türkei für einen revolutionären Umsturz der Verhältnisse und ein kommunistisches Gesellschaftsmodell. Die § 129b-Prozesse hierzulande sind die ersten, die sich gegen eine linke Organisation richten und in denen die Angeklagten wegen der "Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation" nach § 129b verschärft verfolgt und zu hohen Strafen verurteilt werden (sollen). Der Großteil der kriminalisierten Aktivitäten sind vollkommmen legal, doch im Zusammenhang mit der Listung der DHKP-C auf den "EU-Terrorlisten" werden diese legalen Aktivitäten als "terroristisch" verfolgt.

Der Vorsitzende Richter des 6. Strafsenats Breidling begann den zweiten Prozesstag in dem Verfahren mit der Verlesung der Begründung für die Zurückweisung von drei Anträgen der Verteidigung. Eine Aussetzung des Verfahrens sei nicht notwendig, es keine "Bedenken gegen dessen Verfassungsmäßigkeit" gebe hieß es unter anderem. Sodann wurde der erste Zeuge, ein KHK vom BKA verhört. Dabei ging es auch um den Polizeieinsatz vom 5.8.2004 in einem Jugendcamp, bei dem 50 Personen unter psychischer und physischer Gewaltanwendung zur Polizeistation gebracht und ihre Fingerabdrücke entnommen wurden. Unter den Festgenommenen befanden sich auch 13 Kinder im Alter von 2,5 bis 13 Jahren. Sodann verlas Richter Breidling rund eine Stunde lang seitenweise aus den Erkenntnissen des BKA. Als die Verteidigerin von Cengiz Oban, Anni Pues, mit dem Hinweis "ein Vorhalt kann nur ein Vernehmungsbehelf" sein Einwände geltend machte, drehte Breidling ihr das Mikrophon ab. Dann setzte er die Verhanlung fort, indem er 40 Minuten lang Telefonnummern verlas. Am ersten Verhandlungstag hatte die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Ottmar Breidling gestellt. Er habe in einem Seminar geäußert, dass es für einen Vorsitzenden Richter darauf ankomme, direkt am ersten Prozesstag die «Lufthoheit» zu bekommen. Dies zeige, dass der Richter das Verfahren als «kriegerische Handlung» begreife und eine feindliche Einstellung zu den Angeklagten habe. Am Mittag wurde die Verhandlung unterbrochen.