Bericht von 3 Landtagsabgeordneten, die den Prozess besuchten

Am Dienstag, dem 08.06., besuchten die drei Landtagsabgeordneten Hamide Akbayir, Ali Atalanund Anna Conrads den Prozess gegen Cengiz Oban, Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Hier ein kurzer subjektiver Bericht, in dem sie ihre ersten Eindrücke zu den äußeren Prozessbedingungen schildern:
„Das Gebäude, in dem der Prozess stattfindet, ist nicht leicht zu finden. Es handelt sich um eine Außenstelle des Oberlandesgerichtes Düsseldorf, die sich weit draußen zwischen Feldern befindet, knapp 5 km vom OLG, im Kapellweg 36. Es handelt sich um einen grauen Stahl- und Betonklotz, dem sogenannten Hochsicherheitsgerichtssaal, der extra gebaut und 2004 eröffnet wurde.

Dort werden Verfahren im Zusammenhang mit „Terrorismus“ und Schwerstkriminalität behandelt. Wir dürfen nur einzeln eintreten, durch das Gitterdrehkreuz in die Sicherheitsschleuse. Ähnlich wie am Flughafen müssen Taschen, Jacken und Rucksäcke durchleuchtet werden. Mit hinein nehmen darf man den Rucksack dennoch nicht. Auch die Mitnahme von Handys ist verboten. Die Ausweispapiere jedes Besuchers werden kopiert. Wir kommen durch die schwere Saaltüre in den Verhandlungssaal in den Zuschauerbereich, der durch eine mindestens 3 Meter hohe Glaswand vom restlichen Raum abgetrennt ist. Der Raum ist in grau und hellem Holz gehalten - die leicht getönten Fenster lassen nur ein gedämpftes, künstlich wirkendes Licht in den Raum, der durch Klimaanlagen belüftet wird. Die Angeklagten sitzen schräg links - ebenfalls hinter Glasscheiben, getrennt voneinander durch JVA-Beamte. Sie sehen blass aus - man sieht ihnen die lange U-Haftzeit an. Sie haben keine Mikrofone, können mit ihren VerteidigerInnen durch Löcher in der Glasscheibe notfalls in wenigen Worten kommunizieren. Die Verteidigung nimmt in der Mitte des Raumes Platz, die sechs männlichen Richter (Vorsitz, Beisitzer) sitzen erhöht und frontal, flankiert von der Bundesanwaltschaft.

Der Zeuge sitzt mit dem Rücken zum Zuschauer. Die Akustik in dem Raum ist trotz der Mikrofone miserabel. Die Zeugenaussage ist nur unter allergrößter Anstrengung zu verstehen, auch für Leute mit gutem Gehör. Sobald jemand auch nur leise hüstelt, ist nichts mehr zu verstehen. Es werden rund zwei Stunden lang Berichte des Zeugen, eines BKA-Beamten gehört, überwiegend Berichte über geplante oder durchgeführte mutmaßliche DHC-KP Anschläge in der Türkei und viele Details aus Überwachungsprotokollen. Viele Berichte basieren auf türkischen Quellen. Die enge Zusammenarbeit zwischen BKA und türkischen Behörden ist offensichtlich. Der Zusammenhang zu den Angeklagten erschließt sich uns meist nicht. Die Stimmung hinter den Glasscheiben ist beklemmend, bei einigen von uns setzen nach einer Stunde durch Luft- und Lichtverhältnisse Kopfschmerzen und Müdigkeit ein. Wasser darf nicht mit in den Saal hinein genommen werden. Die Bundesanwaltschaft kommt erstaunlich wenig zu Wort, der Richter scheint die Rolle der Staatsanwaltschaft zu übernehmen. Breidling und die Bundesanwälte verteidigen ausdrücklich die Solidität der Quellen aus türkischen Behörden. Als eine Prozessbeobachterin an dieser Stelle kurz auflacht, wird sie vom Richter scharf mit dem Hinweis auf Saalverweis zurechtgewiesen. Ausdrücklich verbittet sich der Richter selbst „breites Grinsen“. Wir fühlen uns ziemlich zerschlagen und durstig, als Breidling nach etwas mehr als zwei Stunden die Mittagspause einläutet.

Unabhängig von den verhandelten Inhalten stellte sich uns die Frage, ob durch den Rahmen, in dem dieser öffentliche Prozess stattfindet, nicht Öffentlichkeit - nicht auch bewußt - real ausgeschlossen wird. Das Gebäude liegt ziemlich abseits in Feldern, die Kontrollen inkl. dem Kopieren aller Ausweispapiere, könnte sich auf potentielle ProzessbeobachterInnen abschreckend auswirken. Menschen mit auch nur leichten Gehörproblemen haben kaum eine Chance, die Zeugenaussagen zu verfolgen. Um die Chancen der Teilnahme der Öffentlichkeit zu verbessern, müsste neben einer unbedingten Verbesserung der akustischen Verhältnisse auch einmal über die Verhältnismäßigkeit der Einlasskontrollen diskutiert werden. Wir schildern hier lediglich die ersten Eindrücke eines zweistündigen Prozessbesuches. Wir werden den Prozess weiter verfolgen, an weiteren Terminen teilnehmen und dabei auch die kritischen Anmerkungen unserer KollegInnen aus dem Bundestag bzgl des Prozessrahmens und der -grundlage und der Haftbedingungen nicht außer Acht lassen.