Bericht vom 21. April 2010: Facetten der Repression

- Bericht vom 2. Verhandlungstag nach Ostern im Düsseldorfer 129b-Prozess -

Im November 2008 wurden Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu festgenommen. Ihnen werden Verstöße gegen § 34 AWG (Außenwirtschaftsgesetz) im Zusammenhang mit einer Mitgliedschaft in der DHKP-C vorgeworfen. Die Listung der DHKP-C auf der „Terrorliste“ spielt im Anklagekonstrukt eine zentrale Rolle.

„...Obwohl es ein ,Anti-Terror-Verfahren' ist, geht es hierbei nicht um die Gefährdung Deutschlands. Es geht um die Verteidigung Ankaras in Düsseldorf, einem Folter- und Mörderregime und dessen Freiheiten. Die gleiche Freiheit oder die ,westlichen Werte' werden auch genauso am Hindukusch verteidigt. So benennen sie ihren Krieg...“ (Cengiz Oban, JVA Düsseldorf).

Am zweiten Verhandlungstag nach den Osterferien, 14.4.2010 im Prozess gegen Cengiz Oban, Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu entschuldigte sich der Belastungszeuge vom BKA gleich zu Beginn der Verhandlung beim Vorsitzenden Richter des 6. Strafsenates Ottmar Breidling: "Ich habe die Vermerke nicht mehr auswendig gelernt." Der BKA Belastungszeuge Eret bereitet sich nach seiner eigenen Aussage auf den Prozess vor, indem er die Observationsprotokolle und Vermerke zu Cengiz Oban auswendig lernt. So existieren "Observationsvermerke" zu Cengiz Oban über seine Soliaktivitäten für den ehemaligen Stammheimer Gefangenen Mustafa Atalay - hier wird die Kriminalisierung der Soliarbeit offensichtlich. Beispielsweise ist "vermerkt", wann Cengiz eine Besuchserlaubnis für Mustafa Atalay beantragte. "Besucher von Mustafa Atalay gelten als DHKP-C Sympathisanten", erklärte der BKA-Zeuge Eret. Die so genannten Vermerke enthielten auch sämtliche Kontakte von Cengiz Oban.

Als Tatsache erklärte der Belastungszeuge, dass Nurhan Erdem auch Seliha hieß - eine unbewiesene Behauptung, die vom BKA als Fakt dargestellt wurde. Als Cengiz Obans Verteidigerin in dieser Sachlage des Verfahrens eine Nachfrage im Interesse ihres Mandanten hatte, wehrte Breidling in autoritärer Manier ab. Ebenfalls autoritär zeigte sich Staatsanwalt Homann, als er sich über die Kopfbedeckung eines 80jährigen Familienangehörigen der Gefangenen empörte. Homann nötigte den alten Herrn, der über hunderte von Kilometern angereist war, um die Gefangenen zu sehen, die Kopfbedeckung abzunehmen. "Bei euch in Deutschland hat sich aber nach 1945 nicht viel getan", bemerkte ein Zuschauer, der aus dem Ausland angereist war.