Razzien in NRW gegen die Anatolische Föderation

In Wuppertal wurde am Mittwoch, den 24. Februar 2010 in den frühen Morgenstunden das Zentralbüro der Anatolischen Föderation von der Polizei gestürmt. Gleichzeitig fanden Hausdurchsuchungen in Köln, Dortmund und Schwelm statt. Wie die Anatolische Föderation berichtete, wurden bei den Razzien zwei Personen, mit dem Vorwurf der Rädelsführerschaft in der DHKP-C, festgenommen.
Wir dokumentieren im Folgenden verschiedene Berichte.

* Erklärung der Anatolischen Föderation von Samstag, den 27.2.2010
* Erklärung der Anatolischen Föderation
* Protestnote des Büros gegen Rassismus und Militarismus, Düsseldorf
* Protestnote
* Bericht des Netzwerks Freiheit für alle politischen Gefangenen
* Bericht zu den Vorkommnissen und dem Prozess gegen Faruk E.
* Presse-Artikel von Nick Brauns aus der jungen Welt vom 26.2.2010
* Presse-Artikel von Ina Bayer aus Neues Deutschland vom 26.2.2010
* Pressemitteilung von Ulla Jelpke


Erklärung der Anatolischen Föderation von Samstag, den 27.2.2010

Am 24 Februar 2010 fand in der Anatolischen Föderation ein Überfall durch die Polizei statt. Uns sind Überfälle dieser Art nicht unbekannt, unsere selbstorganisierte Migrantenorganisation wurde schon öfters mit Angriffen staatlicherseits konfrontiert. Angeblich soll unser Verein für eine verbotene ausländische Föderation arbeiten. Mit dieser Behauptung rechtfertigen die Behörden ihr Vorgehen. Das spiegelt nicht die Realität wieder . Unsere Föderation ist allen wohl bekannt. Seit 2004 setzt sich die Anatolische Föderation mit legalen Aktionen für die hier in Europa lebenden Mirgranten ein. Für deren politische, ökonomische und soziale Rechte und wird dies auch in Zukunft tun. „Wir wollen durch unsere Arbeitskraft unsere Rechte erkämpfen. Dass wir assimiliert, entrechtet, und gedemütigt werden ist ein wichtiger Punkt für uns und wir sind gegen dieses unmenschliche Handeln und Denken.“ Gegen Rassismus haben wir immer gekämpft . Mit unserer ganzen Kraft stellen wir uns gegen Naziangriffe und werden immer gegen Nazis kämpfen, Nazis, die unsere Menschen angreifen und ihre Wohnungen in Brand setzten, den Nazis haben wir gesagt: “Stopp“! Wir fordern das Verbot aller rassistischen Parteien und Organisationen und wir vertreten diese Forderung so lange, bis sie erfüllt wird . Die politischen Verfolgten, deren Auslieferung von dem faschistischem Staat Türkei gefordert wird, schützen und unterstützen wir.

Wir sind auf der Seite der Werktätigen und werden auch immer auf ihrer Seite bleiben. In Streiks, Demonstrationen , bei Veranstaltungen - wir waren immer dabei wir werden immer dabei sein. Unsere Vereine waren und sind immer für Menschen offen. Saz spielen, Volkstanzkurse Theather und kulturelle Arbeit haben wir durchgeführt und diese Arbeit wird auch weitergehen. Deutsch- und Englischkurse, Hausaufgabenhilfe all das veranstalten wir und werden es auch weiterhin tun . Frauenarbeit wird in Gemeinschaft entwickelt und auch diese wird weitergehen. Informationsveranstaltungen zu verschiedenen aktuellen Themen werden in unseren Vereinsräumen durchgeführt. Unsere Vereine sind Orte , wo Menschen gemeinsam ihr Leben teilen, verbessern und verschönern. Ja wir sind die Anatolische Föderation und wir werden unsere Arbeiten auch weiterführen.

Und jetzt fragen wir die Öffentlichkeit: “Ist unsere Arbeit ein Verbrechen?“ Diese Arbeit ist sie terroristisch? Ist es möglich unsere Arbeit so zu bezeichnen? Wir sagen dazu Nein! Möchte die deutsche Staatsgewalt ernsthaft Terroristen finden? Dann sollte sie sich um die Nazis kümmern, darum wie sie Migranten, Linke und Ausländer verletzen und töten.

Wohnorte in denen viele Migranten wohnen werden in Brand gesetzt. Von Tag zu Tag bewaffnen sich die Nazis mehr und greifen unsere Menschen an. Deshalb sagen wir, die wahren Terroristen sind die Nazis und ihre Organisationen sollten verboten werden! Wenn wir uns gestern nicht von den Angriffen und Verboten einschüchtern gelassen haben, so werden wir es auch nicht heute oder morgen tun. Unsere Arbeit werden wir immer weiterführen. Wir die Anatolische Föderation sind eine gesellschaftlich wichtige Organisation, wir sind demokratisch legal und haben keine Befürchtungen. Unser Kampf ist richtig.

Wer unsere Verein angreift, unsere Menschen festnimmt und sich gegen unsere demokratische Arbeit stellt, dessen Verhalten bezeichnen wir als antidemokratisch und unterdrückerisch. Gegen diese Angriffe, Festnahmen und antidemokratische Aktionen werden wir uns organisieren und wehren.

Jede demokratische Organisation, Gruppierung und Einzelperson soll sich mit uns verbünden und dagegen protestieren. Alle unsere Freunde sollen mit uns dagegen kämpfen! Alle Angriffe sollen aufhören!

Die Festgenommenen sollen freigelassen werden!!!

Anatolische Förderation
27.2.2010

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Erklärung der Anatolischen Föderation

*WIR WERDEN NICHT SCHWEIGEN!*

Am 24. Februar 2010 wurde die Zentrale der Anatolischen Föderation von der Polizei gestürmt. Wir haben erfahren, dass es am selben Tag zu Razzien von Föderationsmitgliedern in Köln, Dortmund und Schwelm gekommen ist.

Was möchte der deutsche Staat mit diesen Razzien erreichen? Wenn sie eine "Terrororganisation" suchen, dann genügt es, die Nazis unter die Lupe zu nehmen. Die Nazis, die in Dortmund dreimal auf das Arbeitsbüro der Bundestagsabgeordneten (Die LINKE) Ulla Jelpke geschossen haben, wurden immer noch nicht gefasst.
Die Nazis, die AusländerInnen verletzen, töten und ihre Wohnungen anzünden, wurden immer noch nicht gefasst.

Was wollen sie dann erreichen, indem sie die Anatolische Föderation stürmen, die sich für die Rechte der AusländerInnen einsetzt und für deren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rechte kämpft?
Wenn es ist ihre Absicht ist, uns einzuschüchtern, zu beängstigen und zu verunmöglichen, dass wir die Rechte der AusländerInnen verteidigen, dann SAGEN WIR NEIN!!! WIR WERDEN NICHT SCHWEIGEN!
Wir werden unseren Kampf gegen jegliche Ungerechtigkeit, gegen die anti-demokratischen Gesetze und gegen die Nazis fortsetzen. Wir rufen alle demokratischen Institutionen, Einrichtungen und Menschen auf, diese anti-demokratischen Übergriffe anzuprangern. Wir rufen außerdem zur Solidarität mit unseren festgenommenen MitarbeiterInnen auf.

WIR WERDEN UNS NICHT DURCH REPRESSION EINSCHÜCHTERN LASSEN! UNSERE FESTGENOMMENEN MITARBEITER/INNEN MÜSSEN UMGEHEND FREIGELASSEN WERDEN!

*Anadolu Federasyonu*
*(Anatolische Föderation)*
24 Februar 2010

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Protestnote des Büros gegen Rassismus und Militarismus, Düsseldorf:

Die Anatolische Föderation ist mit ihren Vereinslokalen und Kulturzentren in sämtlichen Städten Deutschlands seit Jahren aktiv und amtlich eingetragen, und sie bietet vor allem Menschen aus der Türkei soziale, politische und kulturelle Kontaktmöglichkeiten. Am Morgen des 24.2.2010 wurden die Türen der Anatolischen Föderation in Wuppertal, Köln, Dortmund und Schwelm sowie weitere Räumlichkeiten, die der Föderation angehören, aufgebrochen und zeitgleich mit Razzien in den Wohnungen geplündert und Computer und andere Gegenstände mitgenommen.

Die Anatolische Föderation war bereits in der Vergangenheit mit den Razzien des deutschen Staates, die vollkommen rechtswidrig stattfanden, konfrontiert. Vor über einem Jahr wurden die Vorsitzende der Anatolischen Föderation Nurhan Erdem, sowie die beiden Mitglieder Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu in Deutschland verhaftet. Ab 11.März beginnt vor dem OLG Düsseldorf der Prozess gegen sie, sie sind auch angeklagt, weil sie sich auch für die Rechte der hier lebenden Migranten eingesetzt haben.
Sie haben die neuen Ausländergesetze öffentlich kritisiert und sind gegen Hartz IV aktiv gewesen. Die Aktionen beinhalteten Infostände, offenen Diskussionsveranstaltungen und Demonstrationen.

Mit den erneuten staatlichen Übergriffen wird wieder einmal eine starke Selbstorganisation anatolischer Menschen in Deutschland nahezu für vogelfrei erklärt. Viele anatolische Menschen werden gleich doppelt benachteiligt. Einmal, weil ihre linke politische Identität in Deutschland unterschlagen wird. Doch zusätzlich noch, wenn sie sich politisch betätigen und sich mit den politisch Verfolgten in der Türkei solidarisieren. Insbesondere die Mitgliedsvereine und Mitglieder von der Anatolischen Förderation sind regelmäßig einer Stigmatisierung durch den Verfassungsschutz sowie polizeilicher und gerichtlicher Verfolgung ausgesetzt. Es muss den hier lebenden anatolischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern endlich ermöglicht werden, sich ohne das Damoklesschwert der Abschiebung in den Folterstaat Türkei, ohne die Drohung mit Geld- und Haftstrafen auf demokratische Weise für eine gerechte Türkei einzusetzen.

Büro gegen Rassismus und Militarismus, Düsseldorf

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*Protestnote:*

Die Anatolische Föderation ist mit ihren Vereinslokalen und Kulturzentren in sämtlichen Städten Deutschlands seit Jahren aktiv und amtlich eingetragen, und sie bietet vor allem Menschen aus der Türkei soziale, politische und kulturelle Kontaktmöglichkeiten. Am Morgen des 24.2.2010 wurden die Türen der Anatolischen Föderation in Wuppertal, Köln, Dortmund und Schwelm sowie weitere Räumlichkeiten, die der Föderation angehören, aufgebrochen und zeitgleich mit Razzien in den Wohnungen geplündert und Computer und andere Gegenstände mitgenommen. Im Zuge der Razzien wurden mindestens zwei Mitglieder der Anatolischen Föderation festgenommen.

Die Anatolische Föderation war bereits in der Vergangenheit mit den Razzien des deutschen Staates, die vollkommen rechtswidrig stattfanden, konfrontiert. Vor über einem Jahr wurden die Vorsitzende der Anatolischen Föderation Nurhan Erdem, sowie die beiden Mitglieder Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu in Deutschland verhaftet. Ab 11.März beginnt vor dem OLG Düsseldorf der Prozess gegen sie, sie sind auch angeklagt, weil sie sich auch für die Rechte der hier lebenden Migranten eingesetzt haben.

Sie haben die neuen Ausländergesetze öffentlich kritisiert und sind gegen Hartz IV aktiv gewesen. Die Aktionen beinhalteten Infostände, offenen Diskussionsveranstaltungen und Demonstrationen. Mit den erneuten staatlichen Übergriffen wird wieder einmal eine starke Selbstorganisation anatolischer Menschen in Deutschland nahezu für vogelfrei erklärt. Viele anatolische Menschen werden gleich doppelt benachteiligt. Einmal, weil ihre linke politische Identität in Deutschland unterschlagen wird. Doch zusätzlich noch, wenn sie sich politisch betätigen und sich mit den politisch Verfolgten in der Türkei solidarisieren. Insbesondere die Mitgliedsvereine und Mitglieder von der Anatolischen Förderation sind regelmäßig einer Stigmatisierung durch den Verfassungsschutz sowie polizeilicher und gerichtlicher Verfolgung ausgesetzt.

Es muss den hier lebenden anatolischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern endlich ermöglicht werden, sich ohne das Damoklesschwert der Abschiebung in den Folterstaat Türkei, ohne die Drohung mit Geld- und Haftstrafen auf demokratische Weise für eine gerechte Türkei einzusetzen.

Die festgenommenen Mitglieder der Anatolischen Föderation müssen unverzüglich freigelassen werden.

*An das Bundesministerium der Justiz
Mohrenstraße 37
10117 Berlin
Telefon: (030) 18 580 - 0
Telefax: (030) 18 580 - 95 25

*An das Bundesministerium des Innern*
Alt-Moabit 101D
10559 Berlin
Telefon: +49 3018 681-0
Fax: +49 3018 681-2926

*An die Justizministerin NRW*
Fr. Roswitha Müller-Piepenkötter
Telefax: +49 211 8792-300

*An das Innenministerium NRW*
40190 Düsseldorf
Telefon +49 (0) 211-871-01
Telefax +49 (0) 211-871-3355
E-Mail poststelle@im.nrw.de

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Bericht des Netzwerks Freiheit für alle politischen Gefangenen

Razzien gegen linke Exilstrukturen

Am Morgen des 24.2.2010 wurden Büros der Anatolischen Föderation in zahlreichen Städten in Deutschland, darunter Wuppertal, Köln, Dortmund, Duisburg, Köln, Dortmund, Nürnberg, Stuttgart durchsucht. Zeitgleich wurden Privatwohnungen von der Polizei durchsucht. Zahlreiche Computer und anderes Material wurden beschlagnahmt. Mindestens zwei Personen sind festgenommen worden. Die Anatolische Föderation ist mit ihren Vereinslokalen und Kulturzentren in vielen Städten Deutschlands seit Jahren aktiv und bietet vor allem Menschen aus der Türkei soziale, politische und kulturelle Kontaktmöglichkeiten. Sie ist Teil von linken, türkischen Exilstrukturen in Deutschland und ist Teil der Kämpfe für soziale, gewerkschaftliche und gesellschaftliche Rechte der Menschen in der Türkei und in Deutschland . So beteiligt sie sich an der breiten Solidaritätsaktion mit den Streikenden der Tabakfabrik Tekel ebenso wie an Kämpfen gegen Repression und politische Gefangenschaft. Damit ist die Organisation aber nicht nur in der Türkei, sondern zunehmend auch in anderen europäischen Ländern, besonders in Deutschland konfrontiert.

Kampf gegen die 129b-Verfahren in Deutschland

So hat die anatolische Föderation die Solidaritätsarbeit mit dem zurzeit vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht in einem 129b-Verfahren Angeklagten Faruk Ereren unterstützt. Ihm werden legale Tätigkeiten wie das Organisieren von Solidaritätskampagnen gegen die Repression in der Türkei als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dieses Vorgehen erinnert an das polizeiliche und juristische Vorgehen gegen Antirepressionsgruppen in Westdeutschland der 70er Jahren. Damals wurde die Forderung nach besseren Haftbedingungen für die Gefangenen aus RAF und Widerstand als Unterstützung einer terroristischen Organisation bezeichnet und abgeurteilt. Im Fall der türkischen Angeklagten kommt aber noch dazu, dass ihnen neben langjähriger Haft in Deutschland die Auslieferung und erneute Aburteilung in die Türkei droht. Davon ist Faruk Ereren aktuell betroffen, ein Auslieferungsverfahren läuft. Die Anatolische Föderation gehörte zu den Einrichtungen, die dagegen im In- und Ausland protestiert haben.

Neues Verfahren am 11.März

Am 11.März soll ein weiteres Verfahren gegen Nurhan Erdem, Mitglieder Cengiz Oban und Ahmet Istanbullui, drei AktivistInnen der linken türkischen Exilstrukturen vor dem OLG Düsseldorf beginnen. Sie wurden im letzten verhaftet und sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Auch bei ihnen werden legale politische Aktivitäten, wie Proteste gegen die Hartz IV-Reformen und gegen Ausländergesetze zu Unterstützung einer terroristischen Vereinigung uminterpretiert. Auch in ihrem Fall haben sich AktivistInnen der anatolischen Föderation an der Unterstützungsarbeit beteiligt. Vor diesem Hintergrund kann die erneuten Maßnahmen gegen die Exilstruktur auch als Versuch interpretiert werden, diese Solidaritätsarbeit zu schwächen und zu erschweren. Prozessbeobachter im Visier Erst vor wenigen Tagen scheiterte ein Versuch, die Öffentlichkeitsarbeit zu den Verfahren noch weiter zu erschweren. Die presserechtlich Verantwortliche der Internetplattform Scharf-Links wurde freigesprochen. Gegen sie war ein Strafbefehl in der Höhe von 12000(!) Euro verhängt worden, weil der Prozessbericht einer Rote-Hilfe-Gruppe zum Verfahren gegen Faruk Ereren einen Richter beleidigende Passagen enthalten haben soll. In der gleichen Sache wird auch gegen Wolfgang Lettow, den presserechtlich Verantwortlichen der Publikation Gefangeninfo ermittelt. Der Prozess findet am Mittwoch, den 21.April, 12.30 Uhr vor dem Berliner Amtsgericht Tiergarten, Turmstraße 91 statt Solidaritätsaktionen mit Anatolischer Föderation Inzwischen sind erste Solidaritätsaktionen mit der anatolischen Föderation bekannt geworden. In einer Protestnote verurteilte das Düsseldorfer Büro gegen Rassismus und Militarismus das Vorgehen von Polizei und Justiz.

http://www.political-prisoners.net

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Bericht zu den Vorkommnissen und dem Prozess gegen Faruk E.

Hauptverhandlung Istanbul: Griff in die türkische Trickkiste
Soliaktion Deutschland: Hausdurchsuchungen bei Abschiebungsgegnern

Zu Protesten kommt es derzeit wegen der drohenden Ausweisung von Faruk Ereren, den anatolischen Linksaktivisten, gegen den wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung im Ausland« nach Paragraph 129b des Strafgesetzbuches vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf seit über einem Jahr ein Prozess läuft. Auch in Österreich und Schweden versammelten sich Protestierende vor den dortigen deutschen Botschaften.

Am Morgen des 24.2. 2010 wurden die Türen zu den Räumen der Anatolischen Föderation aufgebrochen und die Räume von der Polizei durchsucht und zwar in Duisburg, Köln, Dortmund, Nürnberg, Stuttgart, Berlin, Wuppertal, Hamburg sowie in Schweden und weiteren Nachbarländern.

Begründet wurden die Durchsuchungsbeschlüsse mit Rädelsführerschaft. Auch in Räumen von Privatpersonen fanden Razzien statt, überwiegend in den Räumlichkeiten der Personen, deren Personalien von der Polizei bei den Soliaktionen gegen die Abschiebung von Faruk Ereren festgestellt worden waren.

Die Räumlichkeiten der Anatolischen Föderationen in Wuppertal wurden gestürmt, ohne dass VertreterInnen der Föderation zugegen waren, erst nachdem Polizeibeamte in das Haus eingedrungen waren, verständigten die Beamten die Vereinsmitglieder.

Die Polizei beschlagnahmte in Wuppertal zwei PCs mit Kinderfilmen und ein Notizblatt. Am Morgen der Durchsuchung gab der Verteidiger von Faruk Ereren vor dem OLG Düsseldorf eine Verteidigererklärung ab und diese betraf die Hauptverhandlungstage 16.2. und 17.2. in Istanbul. Dort hatte der 2. Strafsenat zur Zeugenvernehmung getagt.

Verteidiger Budde sprach in diesem Zusammenhang von einem "Überrumpelungsversuch der türkischen Behörden", denn die Behörden konnten promt einen neuen Belastungszeugen präsentieren, nachdem der ursprüngliche Zeuge, für dessen Anhörung ein deutsches Rechtshilfeersuchen vorlag, die Aussage verweigert hatte.

Dieser Zeuge behauptet so Verteidiger Budde "16 Jahre nach der Tat neue Erkenntnisse zu besitzen. Wie auf Bestellung zum Wegfall" des ursprünglichen Zeugen. Verteidiger Budde: "Die Aussagen entsprechen der üblichen Konstellation eines Hauptbelastungszeugen und dem Streit um dessen Glaubwürdigkeit. Erst wenn dieser Zeuge hier in Deutschland aussagt, wird zu prüfen sein, was von dem Zeugen und seinen Behauptungen über meinen Mandanten zu halten ist."

Eine Überprüfung auf die Belastbarkeit durch das Gericht habe nicht stattgefunden, trotz zweitägiger Verhandlung habe der Verteidigung nur weniger als eine Stunde zur Befragung des Belastungszeugen zur Verfügung gestanden, darüber hinaus konnte die Befragung nur ohne Vorbereitung durchgeführt werden, da die türkischen Behörden den Zeugen in Istanbul überraschend präsentiert hatten.

Der Belastungszeuge befindet sich im Zeugenschutzprogramm, zunächst war er zu lebenslänglich verurteilt, nun wurde er nach fünf Jahren Haft entlassen. "Wir möchten nicht glauben, dass Sie schon jetzt alles glauben, was Ihnen vorliegt. Und wir sind gespannt, was man Ihnen noch alles vorlegt" meinte Verteidiger Budde an das Gericht gewandt. Bisher sei dieses Verfahren ein sich "beweislos dahin schleppendes Verfahren."

Nächster Verhandlungstag ist der 11. März, die Verhandlung beginnt dann um 12 Uhr.

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Presse-Artikel von Nick Brauns aus der jungen Welt vom 26.2.2010
Razzien gegen türkische Linke

Nordrhein-westfälische Polizei durchsucht Räume der »Anatolischen Föderation« nach Amtshilfeersuchen der Justiz aus Ankara

Von Nick Brauns, junge Welt 26.2.

Die Polizei hat am Mittwoch in Wuppertal das Zentralbüro der Anatolischen Föderation gestürmt. Gleichzeitig fanden Hausdurchsuchungen bei Vereinsmitgliedern von anatolischen Migrantenvereinen in Köln, Dortmund und Schwelm statt. Wie Vertreter der Föderation berichteten, wurden bei den Razzien mindestens zwei Personen festgenommen. Nach Informationen der Roten Hilfe Mönchengladbach gab es auch in weiteren deutschen Städten Durchsuchungen in Vereinen des Dachverbandes. Offenbar stehen sie im Zusammenhang mit einem am 11. März vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf beginnenden Prozeß gegen die im November 2008 verhafteten Vorstandsmitglieder der Anatolischen Föderation, Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu. Ihnen wird Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung im Ausland« nach Paragraph 129b des Strafgesetzbuchs vorgeworfen, gemeint ist die türkische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C).

Von Wohnungsdurchsuchungen betroffen waren am Mittwoch nach Einschätzung der Roten Hilfe überwiegend Menschen, deren Personalien von der Polizei in den letzten Wochen bei Protesten gegen die drohende Auslieferung des politischen Gefangenen Faruk Ereren an die Türkei festgestellt worden waren. Ende Januar hatte der 2. Strafsenat des OLG Düsseldorf einem türkischen Auslieferungsersuchen zugestimmt. Gegen Ereren wird seit über einem Jahr vor demselben Gericht wegen angeblicher DHKP-C-Mitgliedschaft verhandelt. Ihm wird vorgeworfen, für Anschläge in der Türkei verantwortlich zu sein. Das Belastungsmaterial stammt überwiegend von türkischen Behörden und ist nach Einschätzung der Verteidigung möglicherweise auch unter Folter erpreßt worden.

Ererens Anwalt Peter Budde sprach am Mittwoch in einer Verteidigererklärung von einem »Überrumpelungsversuch der türkischen Behörden«. Nach der Aussageverweigerung eines Belastungszeugen, für dessen Anhörung ein deutsches Rechtshilfeersuchen vorlag, hatte die türkische Justiz bei einer Zeugenvernehmung am 16. und 17. Februar in Istanbul einen bislang unbekannten Zeugen aus dem Hut gezaubert. Der gab vor, Erkenntnisse über eine 16 Jahre zurückliegende Tat zu besitzen. »Erst wenn dieser Zeuge hier in Deutschland aussagt, wird zu prüfen sein, was von dem Zeugen und seinen Behauptungen über meinen Mandanten zu halten ist«, erklärte Anwalt Budde. Der Zeuge war in der Türkei zunächst zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden, nun aber nach nur fünf Jahren entlassen und in ein Zeugenschutzprogramm überführt worden.

Nick Brauns

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Presse-Artikel von Ina Bayer aus Neues Deutschland vom 26.2.2010

Großrazzia gegen Migrantenverein Mutmaßliche Funktionäre der marxistisch-leninistischen DHKP-C in Haft

Von Ina Beyer, Neues Deutschland 26.2.2010

Bei einer Großrazzia in Düsseldorf und im Großraum Köln hat das Bundeskriminalamt am 24. Februar zwei Männer festgenommen. Sie stehen im Verdacht, Funktionäre der »Rückfront« der in Deutschland verbotenen türkischen Untergrundorganisation DHKP-C zu sein.

Alaattin A. (35) und Ünalkaplan D. (27), sollen laut Bundesanwaltschaft in die Strukturen der Europaorganisation der DHKP-C eingebunden gewesen sein und als professionelle Kader Aufgaben für diese übernommen haben. A. wird beschuldigt, von November 2008 bis Anfang Februar 2009 Deutschlandverantwortlicher der DHKP-C gewesen zu sein, eine Spendenkampagne koordiniert und den Geldfluss ins Ausland organisiert zu haben. Der jüngere D. soll von November 2008 bis Oktober 2009 Gebietsverantwortlicher für Köln, später Westfalen gewesen sein. Ihm wird zudem schwere räuberische Erpressung vorgeworfen. Die EU führt die marxistisch-leninistische DHKP-C auf ihrer Terrorliste. Grundlage für die Strafverfolgung in Deutschland bildet der »Anti-Terror-Paragraph« 129b, der es möglich macht, dass auf deutschem Staatsgebiet auch solche als kriminell und terroristisch geltende Organisationen verfolgt werden können, die ausschließlich vom Ausland aus agieren.

Bei der Großrazzia am Mittwoch wurden insgesamt sieben Objekte in Nordrhein-Westfalen durchsucht, darunter ein Vereinsheim. Dabei handelt es sich vermutlich um das Zentralbüro der Anatolischen Föderation (AF) in Wuppertal. Die AF ist ein Dachverband von in der Migrantenarbeit tätigen Vereinen und unterhält Vereinslokale und Kulturzentren in vielen deutschen Städten. Die Organisation ist zudem in politische Kämpfe involviert, etwa gegen Hartz IV oder rassistische Ausländergesetze. Als Teil linker, türkischer Exilstrukturen in Deutschland beteiligt sich die AF ebenso an Kämpfen gegen Repression und politische Gefangenschaft in Deutschland und in der Türkei.

Bevor die Namen der Verhafteten am Donnerstag bekannt geworden waren, hatte die AF in einer Pressemitteilung von großangelegten Durchsuchungen in Vereinsräumen und Privatwohnungen von Mitgliedern berichtet. »Die deutsche Justiz und Polizei müssen endlich aufhören, als verlängerter Arm des Folterstaates Türkei zu agieren«, hatte die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (LINKE) dazu erklärt. Die Untersuchungen hatten sich offenbar auch gegen Personen gerichtet, die in den Tagen zuvor gegen die drohende Auslieferung des vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ebenfalls nach Paragraf 129 b angeklagten politischen Gefangenen Faruk Ereren an die Türkei protestiert hatten.

Während die Bundesregierung grünes Licht für weitere Waffenlieferungen an die türkische Armee gebe, würden »hier in Deutschland diejenigen kriminalisiert, die sich als Flüchtlinge und Migranten gegen Folter und Unterdrückung in der Türkei engagieren«, kritisierte Jelpke. Den in Deutschland lebenden türkischen und kurdischen Migranten müsse es dagegen erlaubt sein, »auf demokratische Weise politisch aktiv zu sein«, forderte sie.

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Pressemitteilung von Ulla Jelpke

Pressemitteilung: Hände weg von demokratischen Migrantenvereinigungen!

Do., 25.02.2010:
„Die deutsche Justiz und Polizei müssen endlich aufhören, als verlängerter Arm des Folterstaates Türkei zu agieren“, erklärt die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (DIE LINKE) nach den Polizeirazzien in der Zentrale der Anatolischen Föderation in Wuppertal sowie Vereinsräume und Privatwohnungen in anderen deutschen Städten. Die Razzien am Mittwoch richteten sich auch gegen Personen, die in den letzten Tagen gegen die drohende Auslieferung des vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf angeklagten politischen Gefangenen Faruk Ereren an die Türkei protestiert hatten. Dazu Ulla Jelpke weiter:

„Während die Bundesregierung grünes Licht für weitere Waffenlieferungen an die türkische Armee gibt, werden hier in Deutschland diejenigen kriminalisiert, die sich als Flüchtlinge und Migranten gegen Folter und Unterdrückung in der Türkei engagieren. Dies betrifft die Anatolische Föderation ebenso wie kurdische Vereine. Den in Deutschland lebenden türkischen und kurdischen Migranten muss es erlaubt sein, auf demokratische Weise politisch aktiv zu sein.“