Bericht zu den Razzien und dem Verhandlungstag am 24. Februar

Hauptverhandlung Istanbul: Griff in die türkische Trickkiste
Soliaktion Deutschland: Hausdurchsuchungen bei Abschiebungsgegnern

Zu Protesten kommt es derzeit wegen der drohenden Ausweisung von Faruk Ereren, den anatolischen Linksaktivisten, gegen den wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung im Ausland« nach Paragraph 129b des Strafgesetzbuches vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf seit über einem Jahr ein Prozess läuft. Auch in Österreich und Schweden versammelten sich Protestierende vor den dortigen deutschen Botschaften.

Am Morgen des 24.2. 2010 wurden die Türen zu den Räumen der Anatolischen Föderation aufgebrochen und die Räume von der Polizei durchsucht und zwar in Duisburg, Köln, Dortmund, Nürnberg, Stuttgart, Berlin, Wuppertal, Hamburg sowie in Schweden und weiteren Nachbarländern.

Begründet wurden die Durchsuchungsbeschlüsse mit Rädelsführerschaft. Auch in Räumen von Privatpersonen fanden Razzien statt, überwiegend in den Räumlichkeiten der Personen, deren Personalien von der Polizei bei den Soliaktionen gegen die Abschiebung von Faruk Ereren festgestellt worden waren.

Die Räumlichkeiten der Anatolischen Föderationen in Wuppertal wurden gestürmt, ohne dass VertreterInnen der Föderation zugegen waren, erst nachdem Polizeibeamte in das Haus eingedrungen waren, verständigten die Beamten die Vereinsmitglieder.

Die Polizei beschlagnahmte in Wuppertal zwei PCs mit Kinderfilmen und ein Notizblatt. Am Morgen der Durchsuchung gab der Verteidiger von Faruk Ereren vor dem OLG Düsseldorf eine Verteidigererklärung ab und diese betraf die Hauptverhandlungstage 16.2. und 17.2. in Istanbul. Dort hatte der 2. Strafsenat zur Zeugenvernehmung getagt.

Verteidiger Budde sprach in diesem Zusammenhang von einem "Überrumpelungsversuch der türkischen Behörden", denn die Behörden konnten promt einen neuen Belastungszeugen präsentieren, nachdem der ursprüngliche Zeuge, für dessen Anhörung ein deutsches Rechtshilfeersuchen vorlag, die Aussage verweigert hatte.

Dieser Zeuge behauptet so Verteidiger Budde "16 Jahre nach der Tat neue Erkenntnisse zu besitzen. Wie auf Bestellung zum Wegfall" des ursprünglichen Zeugen. Verteidiger Budde: "Die Aussagen entsprechen der üblichen Konstellation eines Hauptbelastungszeugen und dem Streit um dessen Glaubwürdigkeit. Erst wenn dieser Zeuge hier in Deutschland aussagt, wird zu prüfen sein, was von dem Zeugen und seinen Behauptungen über meinen Mandanten zu halten ist."

Eine Überprüfung auf die Belastbarkeit durch das Gericht habe nicht stattgefunden, trotz zweitägiger Verhandlung habe der Verteidigung nur weniger als eine Stunde zur Befragung des Belastungszeugen zur Verfügung gestanden, darüber hinaus konnte die Befragung nur ohne Vorbereitung durchgeführt werden, da die türkischen Behörden den Zeugen in Istanbul überraschend präsentiert hatten.

Der Belastungszeuge befindet sich im Zeugenschutzprogramm, zunächst war er zu lebenslänglich verurteilt, nun wurde er nach fünf Jahren Haft entlassen. "Wir möchten nicht glauben, dass Sie schon jetzt alles glauben, was Ihnen vorliegt. Und wir sind gespannt, was man Ihnen noch alles vorlegt" meinte Verteidiger Budde an das Gericht gewandt. Bisher sei dieses Verfahren ein sich "beweislos dahin schleppendes Verfahren."

Nächster Verhandlungstag ist der 11. März, die Verhandlung beginnt dann um 12 Uhr.