Redebeitrag auf der Mumia Demo in Heidelberg am 31.01.2010

Hallo liebe FreundInnen und Freunde, Liebe GenossInnen und Genossen,

Die Situation und Person Mumia Abu Jamals ist nicht nur beispielhaft für einen ungebrochenen Widerstand eines politischen Aktivisten gegen Rassismus, Krieg und Ausbeutung, als auch beispielhaft für das Vorgehen des kapitalistischen Systems gegen seine GegnerInnen.

Von illegalem Mord an Black Panthers- bzw. MOVE Aktivisten in den 60er und 70er Jahren bis hin zu dem staatlich legalisierten Mord in Form der Todesstrafe bis heute. Doch nicht nur die USA, auch die damalige BRD ging gezielt gegen die Opposition im eigenen Land vor.

Gab es schon in den 50ern - das Verbot kommunistischer Parteien und Organisationen und politische Morde

wurde nach den Auseinandersetzungen um die Notstandsgesetze '68, der daraus hervorgehenden Stärkung der antagonistischen Linken [und der Bildung bewaffneter Widerstandsgruppen], neue Geschütze aufgefahren:

- Die Einführung des Terrorparagraphen §129a - die Installation von Toten Trakten und Isolationshaft für politische GegnerInnen - Schießerlaubnis für Polizisten (finaler Rettungsschuß) - und die mediale Hetzkampagnen und gezielte Desinformation der Bevölkerung

Einen blutroten Faden der Kontinuität der Verfolgung linker Bewegungen stellen hierbei die §§129 dar. Was damals an der RAF mit dem §129a vorexerziert wurde, wurde danach zum Kriminalisierungsinstrument für breite Teile der radikalen Linken.

2002 durch den Zusatz b ( d.h. Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung) erweitert, wird diese Kontinuität heute nicht nur weitergeführt, sondern gewinnt durch den internationalen Aspekt der politischen Verfolgung eine neue Qualität. In allen EU Ländern installiert, ermöglichen Paragraphen wie der 129b den Staaten heute ein gemeinsames und koordiniertes Vorgehen in Sachen präventiver Aufstandsbekämpfung.

Basierend auf einer, durch den EU-Ministerrat installierten EU-Terrorliste wird in regelmässigen Abständen politisch entschieden wer gerade Terrorist ist und wer nicht. Bemerkenswert ist auch hier, das Repressionsmassnahmen der Herrschenden, die nach 9/11 mit islamistischem Terror und seiner Bekämpfung begründet wurde, gezielt gegen linke Bewegungen und Befreiungsorganisationen eingesetzt werden.

Wir müssen davon ausgehen, dass das was jetzt an migrantischen Organisationen, Strukturen und Personen vorexerziert wird, danach zur Repressionskeule gegen breite Teile der radikalen Linken, vorneweg Internationalistischen Gruppen und Solidaritätsstrukturen wird.

Mit den §129b Prozessen gegen Devrim Güler und Ahmet D. Yüksel in Stammheim und gegen Faruk Ereren in Düsseldorf, schaffen sich die deutschen Behörden einen Präzedenzfall nach dem anderen um, gerade in Zeiten der Schwäche der radikalen Linken, sich gegen ein Aufkommen neuer Kämpfe präventiv nach innen aufzurüsten. Der Prozess in Stuttgart Stammheim läuft bereits seit fast zwei, der Prozess in Düsseldorf seit einem Jahr. Die Genossen, denen allen die Mitgliedschaft/Unterstützung der DHKP-C vorgeworfen wird, befinden sich in Isolationshaft, d.h. 23 Stunden am Tag auf Zelle. Besucher und Verteidigergespräche werden abgehört (und gefilmt?), die Post gelesen, von den Behörden aufgehalten und teilweise auch blockiert. Die ganze Palette der Staatsschutzjustiz der 70er wird weiter genutzt.

Als Zeugen bedient sich die deutsche Justiz unter anderem an bekannten Folterern der Istanbuler Anti Terror Einheit und verwendet Geständnisse als Beweise von denen nicht auszuschließen ist, dass sie unter Folter erwirkt wurden. Ein weiterer §129b-Prozess gegen vermeintliche DHKP-C Mitglieder beginnt bereits im März diesen Jahres, ebenfalls in Düsseldorf gegen Cengiz Oban, Nurhan Erdem und Ahmet Istanbullu.

Trotz der Tragweite der Prozesse, ihres Charakters als politische Schauprozesse und den Bedingungen denen die Gefangenen ausgesetzt sind, finden innerhalb der radikalen Linken kaum Solidaritäts Aktivitäten statt.

Gründe dafür sehen wir in den Vorurteilen und Vorbehalten gegenüber Aktions-und Organisationsformen, Auftreten oder politischer Ausrichtung der betroffenen linken migrantischen Gruppen. Doch wir dürfen uns, nicht nur im Hinblick der Einheit der Staatlichen Organe beim Vorgehen gegen uns, an der Frage der Solidarität nicht spalten, sondern sollten nach dem Motto: „Getroffen sind einzelne, gemeint sind wir alle“ agieren.

Ziehen wir den Trennungsstrich an der richtigen Stelle und zwar nicht bei der Solidarität mit linken Gruppen sondern gegenüber den Staatsschutzgerichten, die diese Genoss_innen wegsperren, mit Isohaft vernichten und den linken Widerstand zerschlagen wollen; inklusive denen die die politische Verantwortung dafür tragen.

Der in Düsseldorf angeklagte Gefangene Faruk Ereren schrieb dazu in einem Brief aus dem Knast: „Die größte Solidaritätsarbeit, die draußen für mich geführt werden kann ist ohne Zweifel den Klassenkampf gegen Unrecht, Ungerechtigkeit und Repression, für Gleichheit und Freiheit zu stärken und zu verbreitern. Dies ist die größte Unterstützung, die uns politischen Gefangenen zukommen kann."

Unterstützen wir die Genossen im Knast, machen wir ihre Situation durch Prozessbesuche, Kundgebungen, Veranstaltungen und Demonstrationen öffentlich, enthüllen wir die juristische Farce und den wahren politischen Charakter der Prozesse und setzen wir den Angriffen des Systems auf unsere Genossen und Strukturen unseren entschlossenen Widerstand entgegen!

Weg mit den Terrorparagraphen 129!
Freiheit für Devrim, Ahmet, Faruk, Nurhan, Cengiz und Ahmet Instanbullu!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Komittee gegen §129
Netzwerk für die Freiheit der politischen Gefangenen (http://www.political-prisoners.net)


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