Rede zum Silvesterspaziergang 2009

Liebe Genossinnen und Genossen, lieber Ahmet, lieber Devrim, Gökhan, Ümit und alle sozialen Gefangenen im Stammheimer Knast!

die Tradition an Silvester vor den Knast in Stuttgart Stammheim zu gehen, zu böllern, Parolen zu rufen, Solidarität zu zeigen und das neue Jahr mit den Gefangenen gemeinsam zu begehen jährt sich heute zum 20. Mal. Wir stehen somit in der Tradition der Angehörigen und der Solidaritätbewegung der radikalen Linken in der BRD die sich damals 1989 zusammenfanden um die Gefangenen der RAF in ihrem größten bundesweiten Hungerstreik zu unterstützen und ihren Kampf durch die Knastmauern nach draussen zu tragen. Damals streikten die Gefangenen insgesamt 101 Tage, 47 Gefangene beteiligten sich daran, darunter auch viele Soziale. Seit der Freilassung Christian Klars im Januar diesen Jahres sind nun nach über 37 Jahren alle Gefangenen der RAF draussen. Spätestens mit Christians Freilassung haben sich nun die Vorzeichen des Silvesterspaziergangs geändert. : Es gibt momentan keine Gefangenen aus deutschen miltanten revolutionären Bewegungen und Organisationen mehr. Vorrausichtlich Mitte nächsten Jahres wird sich dies zum ersten Mal seit langem mit der Inhaftierung von Axel, Oli und Florian denen die Mitgliedschaft in der miltanten gruppe (mg) vorgeworfen wird ändern.

Aktuell sitzen in der BRD 19 Menschen aufgrund ihrer politischen Aktivität und Identität in deutschen Knästen, einige schon seit mehreren Jahrzehnten. Sei es wegen Banküberfällen zur Finanzierung linker Projekte, Antifaschistischem Widerstand oder sogenannten Organisationsdelikten mittels §129b. Ihnen allen gemein ist der Kampf gegen die Auswirkungen der Inhaftierung, und der Kampf gegen Resozialisierung, gegen Isolation und gegen den Versuch des Systems ihre politische Identität zu brechen.

Doch der Großteil der Gefangenen in Stammheim und in anderen Knästen sind soziale Gefangene, die meist wegen Eigentumsdelikten wie Diebstahl oder Leistungserschleichung, wie zum Beispiel Schwarzfahren sitzen. Damit werden sie für Aktivitäten bestraft, zu denen sie aufgrund ihrer finanziellen Situation und aufgrund der Perspektivlosigkeit innerhalb des kapitalistischen Systems gezwungen wurden. Diese repressiven Mittel, von denen Knast nur der stärkste Ausdruck ist, dienen dazu, zu verhindern, dass sich die Massen die vom System erzeugten Bedürfnisse eigenständig befriedigen und sich nehmen was sie brauchen.

Wenn wir uns dieser Funktion des Knastes und den Auswirkungen des kapitalistischen Systems bewusst sind ist es dann nur folgerichtig unseren Kampf gegen diese Verhältnisse nicht nur mit der Forderung nach Freiheit für solche zu verbinden, die wegen ihrem Kampf für die Überwindung dieser Verhältnisse sitzen, sondern auch mit der Forderung nach Freiheit für all jene zu verbinden, die am stäksten von den Verhältnissen betroffen sind und dann bestraft werden, weil sie sich nehmen was ihnen zusteht.

An dieser Stelle grüßen wir Gökhan und Ümit die seit drei Wochen hier in Stammheim inhaftiert sind und die Person die im Verlauf der Demonstration für die Freiheit von Kurdistan festgenommen wurde.

Ganz besonders gilt unser Gruß den revolutionären Gefangenen Devrim und Ahmet die seit nun mehr drei Jahren hier in Stammheim gegen Justiz und Knastsystem kämpfen müssen. Sie sind zwei der insgesamt 6 §129b Gefangenen denen die Mitgliedschaft in der DHKP-C vorgeworfen wird. Ihnen gehört unsere besondere Solidarität!

Drinnen und draussen ein Kampf!
Für eine Gesellschaft ohne Knäste!
Freiheit für alle politischen und sozialen Gefangenen weltweit!


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