Prozess gegen "Die Sieben" zu Ende

Geschrieben von Brigitte Renkl

Der Prozess vor dem Landgericht Stuttgart fand am 20.04., am 2. Verhandlungstag, ein unerwartet rasches Ende. Die sieben erfahrenen Rechtsanwälte hatten offenbar erkannt, dass das Stuttgarter Gericht auf Biegen und Brechen verurteilen wollte. Dafür bot das Gericht an, dass keiner der Angeklagten wegen der Vorfälle in Sindelfingen in den Knast einrücken müsse und dass es im Strafmaß gegenüber dem Urteil des Amtsgerichts Böblingen Reduzierungen gäbe. Dieses Angebot hatten die Angeklagten und ihre Rechtsanwälte abzuwägen gegenüber:

- der Drohung eines sich noch weitere Jahre hinziehenden Prozesses mit allen Ungewissheiten, die auch die nächste Instanz mit sich bringt. - Zwischen dem Anlass des Verfahrens und dem heutigen Tag sind mehr als drei Jahre vergangen. In dieser Zeit haben die jungen Leute immer unter dem Damokles-Schwert der Vorstrafe gelebt. Sie hatten erhebliche Einschränkungen. Einer von ihnen hatte zwei Jahre Führerscheinentzug. - Zudem unter ständiger Beobachtung der Polizei und z.T. mit neuen Verfahren überzogen, verbunden bei zwei der Angeklagten mit U-Haft in Stammheim. - Ganz abgesehen von mentalen Belastungen: Der Druck, bei politischer Betätigung sich aus Allem heraushalten zu sollen, um nur ja keinen Vorwand zu liefern, erneut festgenommen zu werden. - Auch das Schielen darauf, dass man sich mit Vorstrafe und Knast seine berufliche Perspektive ruiniert.

Diese Agenda der modernen Folterinstrumente vor Augen haben sich die Angeklagten entschieden, das Urteil zu akzeptieren.

Dazu ist festzuhalten: Strafen verhängen, ohne Schuld nachgewiesen zu haben – dahin hat es die Stuttgarter Justiz gebracht. Und die Botschaft ganz im Sinne von Innenminister Rech: Gegen Nazis zu kämpfen, soll in diesem Land noch teurer, noch mehr erschwert werden. Wer solchermaßen die Verurteilung von Antifaschisten fordert (vgl. Stuttgarter Zeitung vom 27.3.2010: „Rech beklagt Gewalt von links“), macht sich mitverantwortlich dafür, dass die Nazis hochkommen und damit der ganze braune Dreck von Rassismus, Antisemitismus, von Fremdenfeindlichkeit und Chauvinismus sich weiter ausbreitet. Natürlich hätten sich alle beteiligten Antifaschisten einen rauschenden Sieg in Form eines Freispruchs gewünscht oder zumindest wegen der Unschuldsvermutung eine Einstellung des Verfahrens, wie es etwa die „Blockierer“ von Gräfenberg/Bayern erreichen konnten. Vielleicht ging auch die Hoffnung dahin, dass die Sieben mit flammenden politischen Erklärungen dem Justizapparat getrotzt und ihm die Binde von den Augen gerissen hätten. Das ist aber eine Rechnung, die die Verwirklichung der eigenen Wünsche an den Mut und an die Kraft von Anderen knüpft. Wir wissen mit Brecht:“Die Schwachen kämpfen nicht. Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde lang.…“. Wir haben den Angeklagten zu danken, dass sie ein paar Jahre gegen den Faschismus gestanden haben Und sie haben ein Leben noch vor sich.

Wir bitten um Spenden, damit die Betroffenen sehen, dass sie, die im Kampf nicht allein gestanden haben, nun auch bei den Folgen des gemeinsamen Kampfs nicht im Stich gelassen werden.

Brigitte Renkl, 21.4.2010
Kreisvereinigung der VVN-BdA Böblingen-Leonberg-Sindelfingen