Grußwort von Devrim Güler

03.06.2010

Liebe/r...,

zunächst unseren Dank für deinen Brief und die beiliegenden Infomaterialien. Obwohl Ahmet und ich uns seit 2 Wochen nicht gesehen haben, erlaube ich mir, Dich und alle GenossInnen in unser beider Namen herzlich zu grüßen. [...] hatte bereits geschrieben, daß für den 19. Juni in einigen Städten Aktionen bzgl. politischer Gefangener vorgesehen sind, die nähere Info zu den historischen Hintergründen dieses Tages kam aber von dir. Für die Aktion wünschen wir Euch viel Erfolg und senden allen teilnehmenden Freundinnen und Freunden unseren besonderen Dank. Auch begrüßen wir die Initiative der GenossInnen, den 19. Juni als Tag der revolutionären Gefangenen zu etablieren; mit der Hoffnung, daß uns die Unbescheidenheit, uns von diesem Tag tangiert zu fühlen, nachgesehen wird. An dieser Stelle sei auch den während des Massakers gefallenen GenossInnen aus der PCP gedacht sowie ihr Verdienst hervorgehoben – nämlich die Torpedierung der schmutzigen Ziele des Staates, mit brutalen Massakern die revolutionäre Bewegung auch außerhalb der Knastmauern zu zerschlagen. Der Umstand, daß der bewaffnete Kampf in Peru über die Garcia-Regierung hinaus, auch gegen den Fujimori-Faschismus geführt werden konnte und heute (sicher) noch andauert, ist wohl auch dem jenem Massaker entgegengestellten Widerstand vom 19. Juni geschuldet. Vielleicht sollten wir uns außerdem hervorrufen, daß neben den Massakern des Staates auch die parteiinternen politischen Differenzen den Kampf in Peru nicht unerheblich zurückgeworfen haben. Man vermag nicht zu wissen, ob Gonzalo diese Spaltung hätte verhindern können, wenn es nicht zu seiner Gefangennahme gekommen wäre, aber es ist eher unwahrscheinlich. Nun hat die Koketterie des Klassenkampfes beschert, daß Fujimori von seinen Gesinnungsgenossen eingebuchtet wurde und nicht etwa von den Volkskräften, aber das ist eine andere Geschichte... (ich merke gerade, daß ich den Faden verloren habe. Grußworte sind wirklich nicht mein Metier!) … Aber um von den Anden ins Schwaben-Land zurückzukehren – nach einer 3 wöchigen Prozesspause soll es am 7. Juni im mittlerweile ziemlich familiären Prozeßbunker weiterlaufen, wobei hier von einer „Adamsfamily“ gesprochen werden muß. Es ist rührend, mitansehen zu dürfen, wie sich der deutsche Staat ins Zeug legt und sich keiner Mühe zu schade sein scheint, den legitimen revolutionären Kampf gegen den faschistischen Staat in der Türkei mit allen Mitteln zu kriminalisieren und so seine verwegene Liebe zum besagten Staat unter Beweis zu stellen. Es würde keinen Sinn machen, sich jetzt über die genannte Anklageschrift auszulassen, zumal dies der willkürlichen Auslegung seitens der Zensurbehörden Tür und Tor öffnen würde. Auch diesbezüglich haben wir die komischsten Beschlüsse ertragen müssen … So laßt uns den Brief mit der Äußerung abschließen, daß uns trotz allem weniger die Verurteilung des revolutionären Kampfes durch den Imperialismus, als vielmehr die Beurteilung desselben durch die unterdrückten Völker wichtig bleiben wird. Mit herzlichen Umarmungen verabschieden wir uns für heute.

Macht es gut … Devrim

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