Aufruf zur Kundgebung in Berlin

Kundgebung / Berlin, Kottbusser Tor / 18.30 Uhr / 19. Juni 2010

 

Freiheit für die Angeklagten nach §129b!
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19. Juni BerlinBundesweiter Aktionstag am 19. Juni 2010 – Tag der revolutionären Gefangenen

Vor den Oberlandesgerichten in Stuttgart-Stammheim und Düsseldorf werden derzeit 6 türkische Linke nach Paragraf 129b wegen „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation“ angeklagt. Sie sollen Mitglieder der marxistisch-leninistischen Organisation DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) aus der Türkei sein.

Der §129b StGB ist eine Vorschrift zur Verfolgung von Menschen, die in Deutschland Organisationen unterstützen, die auf den sogenannten „EU-Terrorlisten“ stehen.

Diese „Terrorlisten“ sind Listen über Organisationen und Einzelpersonen, die nach Ansicht von Geheimdiensten der USA und europäischer Staaten „terroristisch“ sind.

Die Erstellung dieser Listen unterliegt keiner öffentlichen demokratischen Kontrolle, die betroffenen Organisationen und Einzelpersonen wissen nicht, ob sie gelistet sind und haben auf die geheimdienstlichen Informationen keinerlei Einfluss. Auf den Listen befinden sich neben zahlreichen islamistischen Organisation viele linke Organisationen und Gruppierungen, die politische Unabhängigkeit anstreben. Allein die Unterstützung der von der Folterpraxis der USA, der Türkei oder Spaniens Betroffenen reicht aus, um „ideelle Unterstützung“ von sogenanntem Terrorismus vorgeworfen zu bekommen und also „Unterstützung für terroristische Organisationen“ zu leisten.

Die „Anti-Terror-Gesetze“ dienen der Durchsetzung politischer Interessen. Denn ob eine Organisation legitimen Widerstand leistet oder als eine „terroristische“ Gruppierung zu verfolgen ist, unterliegt den Einschätzungen der Geheimdienste und der Innenministerien und sind somit politischen Entscheidungen. Der südafrikanische ANC (African National Congress) z.B. wurde vom Apartheidsregime als „terroristisch“ diffamiert und brutal unterdrückt - heute ist der ANC als ehemalige Befreiungsbewegung anerkannt und bildet die Regierungsmacht. Im Baskenland zum Beispiel gibt es heute keine wählbare linke Partei mehr, weil sich alle linken Parteien positiv auf die Unabhängigkeit des Baskenlandes beziehen und weil sie sich für die Freilassung politischer Gefangener einsetzen. Selbst politische Streiks und Blockaden als Mittel zur Durchsetzung von sozialpolitischen Forderungen können als „terroristisch“ verfolgt werden. Die bloße ideelle und finanzielle Unterstützung von Kämpfen in anderen Ländern kann allein genügen, um Personen von deutschen Gerichten mit mehrjährigen Haftstrafen zu bestrafen. Den Angeklagten Nurhan Erdem, Cengiz Oban und Ahmet Istanbullu vor dem OLG Düsseldorf sind genau davon betroffen. Sie befinden sich seit November 2008 in Isolationshaft wegen Vereinstätigkeiten in anatolischen Kulturvereinen und Sammeln von Spenden - angeblich für die DHKP-C. Der seit 2007 inhaftierte Faruk Ereren soll in einem seperaten Prozess in Düsseldorf als hoher Funktionär verurteilt werden. Den Angeklagten Mustafa Atalay, Hasan Subasi, Ilhan Demirtas, Devrim Güler und Ahmet D. Yüksel in Stuttgart wird die Bildung einer „Rückfront der DHKP-C“ in der BRD vorgeworfen, drei von ihnen wurden in letztes Jahr zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie sollen als Funktionäre tätig gewesen sein. Ein ehemaliger Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes behauptet außerdem, vier von ihnen hätten an einem Waffenschmuggel von Bulgarien in die Türkei mitgewirkt. Die DHKP-C steht in der Tradition des antifaschistischen Widerstandes gegen den türkischen Militärputsch 1980. Sie führt auch bewaffnete Aktionen durch und kämpft für eine sozialistische Gesellschaftsordnung in der Türkei - so wie einst der ANC in Südafrika.

In diesen Verfahren sind Polizeizeugen vernommen worden, gegen die in der Türkei Verfahren wegen Foltervorwürfen geführt werden. Amnesty International und viele andere Menschenrechtsorganisationen berichten seit Jahren über die Folterpraxis in der Türkei. Auch die EU-Komission kritisiert öffentlich die menschenrechtsfeindliche Realität der türkischen Verfolgungsbehörden im Rahmen von EU-Beitrittsverhandlungen. Diese „Kritik“ hindert die deutschen Justizbehörden aber nicht daran, genau solche „Beweise“ in die hiesigen Prozesse einfließen zu lassen. Die meisten der Angeklagten in den §129b-Prozessen sind als politische Flüchtlinge aus der Türkei anerkannt, weil sie in der Türkei jahrelang inhaftiert und gefoltert wurden. Faruk Ereren wird trotzdem die Auslieferung in die Türkei angedroht, da er sich zu den Vorwürfen nicht zur Sache äußert.

Die Anti-Terrormaßnahmen sind vorbeugende Aufstandsbekämpfung gegen jede politische und soziale Bewegung. Die Prozesse sind eine juristische Farce und nur politisch zu bewerten. Gegen Willkür hilft nur politischer Druck und eine breite Öffentlichkeit.

Der Widerstand gegen staatliche Verbrechen ist legitim und kein „Terrorismus“!

Unterstützt die Betroffenen.

Rote Hilfe e.V. OG Berlin
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen
Rote Hilfe e.V. OG KW
Freiheitskomitee

Kundgebung: Sa. 19. Juni | 18.30 Uhr | Kottbusser Tor

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